Donnerstag, 7. Januar 2010

Von Renten, Kindergeld und anderen Rechenexempeln.

Wie vielleicht die meisten wissen, ist im Oktober letzten Jahres mein Vater überraschend gestorben. Wie unerwartet, grausam, unfair und schmerzlich so ein Verlust ist, muss ich hier denke ich nicht breit treten, ich möchte mich eher dem verwaltungstechnischen Aufwand, den so ein Unglücksfall mit sich bringt, widmen. Meist nach der Beerdigung (bei der Vater Staat übrigens auch solidarisch aus vollen Händen nimmt) geht es ran an die vielen tollen Formulare, Bescheide, Kündigungen, Informationsblätter, Telefonate und Amtsbesuche.

Testament: Mein Vater hatte kein Testament gemacht (der olle Optimist) und dementsprechend müssen nun alle seine Anverwandten entweder das Erbe annehmen oder schriftlich bei einem Notar darauf verzichten. Dies kann bis zur Verwandtschaft dritten Grades gehen, insgesamt kämen da bei meinem Clan über 15 Leute zusammen, von denen die Hälfte in Österreich wohnt. Ein einfaches unterschriebenes Dokument mit "Mister X kriegt alles." hätte bereits ausgereicht, um den ganzen Aufwand zu ersparen, also auch wenn es fatalistisch klingt: Macht euer Testament früh genug und haltet es up to date, ihr erspart euren Liebsten in solch einem Fall viel Kraft und Nerven ;)

Gesetzliche Rente: Aber weiter im Text. Fast jeder arbeitstätige Mensch hat eine private Lebensversicherung und mindestens eine gesetzliche Rentenversicherung, in die er während seiner Zeit als Verdiener eingezahlt hat. Wenn dieser Mensch vorzeitig stirbt, wird dieses Geld dazu genutzt, damit Witwe(r) und Waisen möglichst versorgt sind. Dazu wird das Geld unter den Verbliebenen aufgeteilt. Natürlich nicht das gesamte Geld. Ein wenig geht hier verloren, da wird noch um ein paar % gekürzt, wer zuviel verdient kriegt sie gar nicht und wenn die Rente nach den Abzügen für Krankenversicherung noch hoch genug ist, kann man ja auch noch Steuern davon nehmen, wunderbar. Das Ganze ist ein riesiger Rechenaufwand, gekoppelt mit einem Wust von Formularen (Asterix erobert Rom gesehen? Bei denen heißt das Formular R66), die man von Arbeitgeber, Ausbildungsstelle und Uni ausfüllen lassen muss, um sie dann gesammelt ab zu schicken. 'Wir Deutschen waren schon immer super Bürokraten', dachte ich mir, 'füllste den Haufen halt einmal aus und gut is.'. Falsch gedacht. Alle diese Formulare müssen regelmäßig neu ausgefüllt abgeschickt werden. Zum einen zum Beginn jedes Semesters, um zu beweisen, dass ich noch Student bin, zum anderen an gewissen "Testzeitpunkten", um zu beweisen, dass ich zwischendurch auch ja nicht zuviel bekomme. Als kleine Randnotiz steht bei den frischen Formularen der ulkige Hinweis "am besten 4 Wochen vorher schon abschicken.". Im Klartext heisst das "wir stellen am 31. März erstmal prophylaktisch die Zahlungen ein, es sei denn, du kannst uns Ende Februar schon beweisen, dass du im Sommersemester eingeschrieben bist". Das wird knapp^^ Naja, zumindest wird bis 3 Monate nachbezahlt bei ordentlich ausgefülltem Zeug. Hooray!
Kommen wir zum privaten Teil.
Private Rente: Nachdem der Kampf mit dem Staat nun quasi "gewonnen" ist (dazu gleich mehr), gibt es ja noch private Lebens- und Rentenversicherungen, in die der zukunftsbewusste Bürger einzahlt. Dies ist auch tatsächlich sehr sinnvoll und man sollte *früh* damit beginnen, denn es zählt am Ende nicht nur, wieviel man gezahlt hat, sondern auch, wie lange man eingezahlt hat. Selbst 10 Euro im Monat für sone Jugend-Riester-Rente mit staatlicher Förderung bringen da schon was. Mein Vater besaß derartige Anlagen auch. An die kommt man sogar ohne viel Rechnerei und Verwaltungsaufwand, denn die Sätze dafür stehen bereits im Vorfeld fest (private Sachen sind schon geil). Natürlich gibt es auch hier Abzüge, denn für den Staat ist das alles Zuckerwatte, auch "Einkommen" genannt. Nichts ist süßer, als bereits versteuertes Geld noch einmal zu besteuern :) Auch die gesetzliche Krankenkasse nimmt diese "Bezüge" in die Berechnung ihrer Beitragshöhe mit auf. Wie dem auch sei, obwohl man sich bei privaten Geldanlagen ein wenig verarscht vorkommt, wenn "Brutto" und "Netto" auf den Abrechnungen steht, ist man trotzdem froh, dass das unkomplizierter läuft.

Kindergeld: So, fertig. Alles ist ausgefüllt, die paar Formularkisten kann man irgendwann routinemäßig blind ausfüllen und abschicken und der Rubel rollt! Geld! Stimmt, doch wo der Rentenhahn gerade auf gegangen ist, geht ein anderer Hahn zu: Der für das Kindergeld. Wenn alles so bleibe, wie es ist, hätte der Haushalt ja eventuell mehr Geld, und wenn das Kind jetzt schon die staatliche Rente kriegt, braucht das Elternteil ja nich auch noch Kindergeld. Der Trick ist recht einfach, das Zauberwort ist wieder "Einkommen". Das Kind hat durch die Renten auf einmal eine ganze Menge mehr davon, wie frech. Und da fing für mich persönlich die Rechnerei an. Denn anders als die normalen Renten kann das Kindergeld im Nachhinein wieder zurückverlangt werden. Diese Entscheidung fällt am Ende des Jahres für das ganze Jahr. Und die unangenehme Überraschung von von über 2500 Euro Rückzahlung wollte ich mir und meiner Mutter ersparen. Also hieß es: Hochrechnen. Ich hatte in weiser Voraussicht bereits meine 15-Stunden Stelle auf eine 10-Stunden Stelle reduziert, da ich wusste, dass erstere mich zusammen mit *irgendwelchen Renten* weit über die mittlerweile 8004 Euro im Jahr katapultieren würde. Die Frage war jetzt klar "Muss ich aufhören, zu arbeiten, oder kriege ich es irgendwie so hin?". Theorethisch könnte ich auch wieder auf 15 Stunden gehen, noch mehr verdienen und das verlorene Kindergeld damit ausgleichen, aber ganz ehrlich? Nach dem ganzen Hickhack bin ich nicht mehr gewillt, dem Staat auch nur einen Cent freiwillig zu überlassen. Wie man oben liest kriegt man nix geschenkt, warum selber was verschenken wenn man fürs gleiche Geld weniger arbeiten kann? Nach einiger Recherche fand ich eine besonders Hilfreiche Seite: http://www.klicktipps.de/kindergeld.php. Übersichtlich und verständlich (und hoffentlich richtig) ist hier alles Wichtige zum Kindergeld aufgeführt. Die erste nette Info war die 920 Euro Werbungskostenpauschale. Das boostet das Limit einfach mal flach auf 8924 Euro im Jahr, yay. Die erste fiese Info: Renten zählen einfach plump als Einkommen, boo. Nun gingen die großen Vergleiche los. Mein Problem war, dass die Liste nicht zwischen gesetzlicher und privater Rente zu unterscheiden schien und mir leider auch nicht bewusst war, ob die eine Rente nun als eine einkommensteuerfreie Einkunft oder eine versteuerte Rente mit Pauschalabschlag gilt. Ich stellte also eine Reihe an möglichen Rechnungen auf, die mich zusehens verwirrten, da ich zuerst um mehrere tausend Euro drüber lag und ich mich fragte, warum ich bei dem Einkommen noch keine Sklaven habe. Spätere Korrekturen mit gewissen Abzügen und möglichen zusätzlichen Werbungskosten führten dazu, dass ich rechnerisch eigentlich nur ein Jahreseinkommen von 1,972€ besitze, woraufhin ich mich wunderte, was dieses "Gehalt" auf meinen Kontoauszügen in den letzten Monaten war. Nach über einer Stunde suchen, friemeln, rechnen, Freibeträge gutmütig draufschlagen kam ich zu der zermürbenden Erkenntnis, dass es einfach zu viel "Einkommen" war, und das "hier und da ein wenig was drehen" nicht reichen würde. Just dann stolperte ich über einen Beschluß des Niedersächsischen Finanzgerichtes, der besagte, dass Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung das Einkommen rechnerisch senken, zumindest für die Kindergeldkasse. Ein bisschen weiteres Stöbern brachte mich zu einem Beschluss des Bundesfinanzhofes, der entschied, dass Einzahlungen in private Lebens- und Rentenversicherungen ebenfalls vom Einkommen abgezogen werden dürfen. Wenn das stimmte, war die Sache für mich klar: Bevor die Luffies an mein Geld kommen, schließe ich wenn es sein muss für ein Jahr die dickste Versicherung ab, die es gibt.
Und dann, nach dem ganzen Rechnen, nach all dem Suchen, nach all dem Deichseln, nach der Vergewisserung, dass ich bei Bedarf diesen Einkommenswert drücken kann, kam mir eine zündende Idee. Hastig schlug ich nach, ob die Lösung tatsächlich von anfang an so einfach hätte sein können und ja! Studiengebühren senken das Gesamteinkommen im Hinblick auf die Kindergeldgrenze! BÄHM. Nimm das, Staat, 1000(Crit) Euro jährlich! In your face!

Fazit: Ich bin nun sehr erleichtert im Hinblick auf das kommende Jahr. Aus dem ganzen Krimskrams habe ich eine Menge Lehren gezogen und möchte jedem Leser, der solange durch gehalten hat (oder runter gescrolled hat :P) ein paar Ratschläge mitgeben:
Mach ein Testament. Es mag fies sein, so früh über den Tod nach zu denken, aber das Leben ist unfair und hat viele Überraschungen bereit. Ein Testament macht es nach deinem Tod für Hinterbliebene leichter, zum einen, weil der Verwaltungsaufwand gering ist und zum anderen, weil keine Erbstreitigkeiten um Geld aufkommen können.
Mach es privat. Ohne Witz, wären die deutschen Behörden nur langsam und unfreundlich, wäre das ja noch zu verkraften, aber nahezu alle staatlichen Leistungen sind was Geld angeht einfach nur lausig. Zahnersatz ist schweinisch teuer, die normale Rente ist ein Witz, eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung gibt es vom Staat schon gar nicht mehr. Während die Versicherungen für unsereiner eventuell noch etwas teuer sind, ist eine Rente aus oben bereits erwähnten Gründen schon bei niedrigsten Beiträgen für uns erschwinglich. Klar, wir sind jung und noch lange keine Rentner, aber den Unterschied werden wir oder unsere Angehörigen in 40 Jahren dann feststellen.

1 Kommentar:

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