Sonntag, 17. Januar 2010

Warum ich (k)ein Tank bin.

Ich bekenne glaube ich nicht oft genug, wie gerne ich Online-Rollenspiele daddele. Seit mittlerweile über 5 Jahren wächst und gedeiht meine Hassliebe zu diesen Spielen, die einem Spaß bringen und dafür Unmengen an Zeit auffressen :D
Als vor kurzem der neueste Patch 3.3 mit dem feschen Gruppenfinder-Tool heraus kam, habe ich mich entschlossen, nochmal ein wenig an WoW herum zu spielen. Hier fing alles an und hier endet es auch irgendwie jedes mal :D Und um das LFG-Tool zu testen entschloß ich mich, meine Druidin aus zu packen und mich als Bär, sprich als Tank, zu versuchen, ganz nach dem Vorbild des Fail-Druids.
Mit dem Tanken und mir ist es so eine Sache. Meine letzte Spielzeit als aktiver Raider fristete ich als Todesritter-Tank in Ulduar und ich denke, das hatte mich auch dazu bewogen, das Raiden und Spielen erstmal wieder bleiben zu lassen. Auch wenn andere Spieler da anderer Meinung sein dürften (hier wird eher keiner aufschreien ;)), so finde ich, dass das sogenannte "Tanken", sprich dafür zu sorgen, dass die bösen Monster auf einen selber drauf knüppeln, anstatt auf die anderen Leute, und das auch noch gut weg zu stecken, die schwerste Spielweise in MMORPGs ist. Das ist aus mehreren Gründen so, die ich ein wenig erläutern möchte.

Etwas vorweg: Für dejenigen, die soviel Text eigentlich gar nicht lesen wollen, gibt es unten eine Zusammenfassung ;)

Um das ganze etwas plastischer dar zu stellen, denken wir uns folgendes Szenario: Wir haben eine typische Standard-WoW-Truppe an Spielern, sprich: Einmal den/die Tanks, also mich. Dann den/die Heiler, meine wichtigsten Freunde im Feld, denn ohne diese bin recht fix tot. Und dann bleiben da noch die Leute, die den Schaden austeilen, im folgenden "der aufgebrachte, hirnlose Mob" genannt. Uns gegenüber stehen ein oder mehrere Gegner, die es um zu hauen gilt. Des weiteren gibt es Gegner, die wir noch nicht sehen, sei es, weil sie im Kampf noch dazu stoßen oder weil sie zufällig um die Ecke kommen und sich entschließen, eine Runde mit zu moshen. Diese Art von Gegnern nennen wir "Adds", da sie zu einem bereits begonnenen Kampf kommen.
In der Regel greifen die Gegner immer denjenigen an, von dem die meiste "Bedrohung" ausgeht, welche auf die verschiedensten Arten und Weisen erzeugt werden kann, die berühmtesten sind sicherlich Schaden austeilen und andere heilen. Sprich sowohl die Heiler, als auch der aufgebrachte, hirnlose Mob, machen diese Bedrohung und mein Job ist es, einfach mehr zu machen, als jeder Einzelne von ihnen. Tanks kriegen hierfür den ein oder anderen Kniff in die Hand gedrückt, um möglichst fix Bedrohung zu erzeugen, da sie an den Schaden vom aufgebrachten, hirnlosen Mob niemals heran kommen.
Aber genug geredet, schließlich gilt es ja, dafür zu sorgen, dass die fiesen Monster im Dreck liegen. Also wird der Kampf begonnen (meistens vom Tank selber, damit auch nur er angegriffen wird). Bereits in den ersten Sekunden zeigt sich ein entscheidender Unterschied zwischen den Heilern und dem aufgebrachten, hirnlosen Mob. Während die Heiler versuchen, ihre Bedrohung möglichst unten zu halten, um es nicht knüppeldick auf die Fresse zu bekommen, ist der Mob voll dabei, mich zu überholen. Die wollen an mir vorbei, und ich muss alles versuchen, damit das nicht geschieht. Warum, fragt man sich als Tank häufig. Warum versuche ich, diese todeswilligen Bummsköppe zu schützen? Leider liegt es in der Natur der Sache, dass Monster nicht von selber sterben und vor allem auch nicht vor Langeweile. Von daher tut der aufgebrachte, hirnlose Mob gut daran, dies zu beschleunigen. Aber gut, zurück zum geschehen, ich hämmere also gestresst meine Tasten, um auf der Aggroliste (ein schöner Terminus Technicus^^) oben zu bleiben, während die ersten *Kampfmechaniken* einsetzen. Tja, die wenigsten Gegner in WoW stehen heut zu Tage einfach nur da und knüppeln mit links und rechts auf einen ein, stattdessen hat jeder Gegner den ein oder anderen Trick in der Kiste. Das können Lavaschwälle sein, Meteoreinschläge, Teleportationen, Schaden reflektieren, Teslaspulen aufstellen, benutzt eure Phantasie, es gibt fast nix, was es nicht gibt. Ich habe zwar den leichten Vorteil, dass ich regelmäßig schön geheilt werde, aber mit allen 4en in einer Giftgaswolke stehenbleiben sollte ich trotzdem tunlichst bleiben lassen. Wenn ich dadurch sterbe, drehen sich die Monster um, klopfen zuerst den aufgebrachten, hirnlosen Mob um (Genugtuung!), danach die Heiler und das alles ist meine Schuld. Also muss ich nicht nur darauf achten, dass ich vor dem Mob bleibe, ich muss auch gucken, dass ich richtig stehe und mich ordentlich bewege, wenn es sein muss. Wenn das alles einigermaßen klappt, treten Kameraden auf den Plan, die du schon fast vergessen hattest: Die Adds! Sie kommen aus dem toten Winkel, manchmal angekündigt, manchmal überraschend und sie sorgen für eine ganze Menge Chaos. Das Hauptproblem: Auf diese Kerlchen hat noch keiner Bedrohung gemacht, insbesondere ich nicht und in der Regel steht man auch nicht direkt daneben. Sprich, die Hauptziele der Adds sind erstmal: Die Heiler, denn die heilen munter durch. Nun beginnt der richtige Spaß: Durch sämtliche Minen des Todes, Blitzfelder, und was nicht alles durch manövrieren *ohne* zu sterben, um die Heilerkumpel zu retten. Denn wenn die durch ein Add sterben, heilt mich keiner mehr, alle sterben und es ist meine Schuld. Der aufgebrachte, hirnlose Mob macht in dieser Situation meist genau das, was ein "echter" Mob auch machen würde: Er teilt sich auf. Ein Teil der Wilden hat die Neuankömmlige bemerkt und stürzt sich auf sie, während der Rest weiter auf die alten Gegner knüppelt. Und genau dieser Rest ist es, der nun, wo meine Aufmerksamkeit woanders liegt, noch einmal richtig durch zieht, sodass die Bedrohung und der sichere Tod endlich zu ihm kommt. Wenn dies geschieht, ist es übrigens meine Schuld. Auch, wenn der Teil des Mobs, der auf die neuen Monster hackt, dadurch zerstückelt wird, ist es meine Schuld, da ich schneller reagieren muss, als alle anderen.

Summa summarum: Tanks müssen alle Mechaniken des Kampfes im Kopf haben, müssen ein gutes bis perfektes Timing für Adds haben, müssen den aufgebrachten, hirnlosen Mob hinter sich lassen in der Aggroliste und dabei so gut wie möglich dafür sorgen, nicht ins Gras zu beissen. Eigentlich trifft dies auf jeden Teilnehmer im Kampf zu, mit dem Unterschied, dass Tanks dies stehts schneller als die anderen tun müssen und sich nahezu keine Fehler erlauben dürfen. Wenn ein Tank stirbt, ist der Kampf vorbei, wenn ein Tank zu langsam ist oder nicht schaltet, werden viele bis alle sterben. Bei Heilern ist es ähnlich, von denen hat man meist jedoch mehrere dabei, so dass es nicht auffällt, wenn mal einer pennt.

Ein Tank zu sein und seinen Job gut zu machen oder gemacht zu haben, ist einfach geil. Punkt aus, das Gefühl, am meisten geleistet zu haben bei einem schweren Bosskampf, sorgt für richtig dicke Eier. Allerdings bedeutet Tank sein auch Stress. Deine Augen sirren über den Bildschirm, dein Leben, was ständig von fast leer auf voll springt, guckst du schon gar nicht mehr an, um keine Herzattacke zu bekommen, du guckst auf die Aggroliste und siehst, wie die besten Damage-Dealer deiner Gruppe dir dicht auf den Fersen sind. Du weisst genau: Alle 15 Sekunden kommen Adds von allen Seiten, erst 5 kleine, dann 2 große. Einer der fünf Blitztürme ist immer geladen, an den darfst du nicht zu nah dran. Verdammt, wo ist das zweite große Add? Ahhh, es hat Timmi getötet! Tank sein zermürbt dich auf Dauer und lässt dich nach einem Spieleabend mit leichtem Kopfgrummeln einschlafen, weil du dich so sehr konzentrieren musstest. Tank sein ist Arbeit.
Die gesamte Spielmentalität ist als Tank anders: Wo der Feuermagier sich denkt "Yeah, geil, ein Feuerball für 40000 Schaden! Bähm bähm und den noch!", hast du keinen Spaß an Zahlen und kannst dich eigentlich erst am Ende des Kampfes zurück lehnen und sagen "Yeah, ich lebe noch!". Deswegen spiele ich einen Tank. Und deswegen spiele ich nicht regelmäßig einen Tank ;) Da stehe ich lieber im aufgebrachten, hirnlosen Mob, schmeiße Schattenblitze und Pfeile nach dem Gegner, futtere dabei mit einer Hand Chips und höre Musik :D Das geht übrigens den meisten Spielern so, deswegen hören viele Tanks nach geraumer Zeit auch erstmal auf^^

Ein Damage-Dealer sucht im neuen Gruppen-Tool übrigens durchschnittlich 15 Minuten nach einer Gruppe, ein Tank 25 Sekunden.

1 Kommentar:

  1. JAWOLL!! Das ist genau das, was ich auch denke. Ich bin nur zufällig auf diese Seite gestoßen, auf Grund deiner Promotion für Bloodninja, aber jetzt bin ich richtig froh noch weiter gestöbert zu haben. Richtig gut beschrieben.

    Ich selbst spiele nicht WoW, aber habe genug andere Rollenspiele hinter mir, meist war ich der Disabler/Supporter/Semiheiler und war für das Überleben der Gruppe zuständig, wenn was schief gelaufen ist (wir also adds bekamen oder zu viel gepullt haben). Da der Job des Tanks aber quasi (fast) unmöglich zu erfüllen ist, hatte ich doch arg anstrengende Stunden beim Spielen...

    Mittlerweile spiele ich aber gar nichts mehr dergleichen und bin auch richtig froh darüber.

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